Sonntag, 23. Oktober 2011

Ein Gedicht aus vergangen Zeiten (2)


Küss mich
 
O du verheißungsvolles Leben!
Bist ein seltsam´ Gemüt,
führst mich ans Licht
und stürzt mich in die Nacht
 
O du verheißungsvolles Leben!
trübst mir die Sinne
mit erhellendem Schein
zeigst mir die Lüste
 
O verheißungsvolles Leben!
Wirfst mich hin und her
im Wirbel der Menschheit
irr ich umher
 
O verheißungsvolles Leben!
Gib mir Kraft,
gib mir Hoffnung
und ich schenk dir mein Innerstes.
 
O kummervolles Leben!
Was treibst du nur mit mir,
dass du mich so leiden lässt
ich kann mich nicht seh´n.
 
O kummervolles Leben!
was bin ich nur?
Aus dem Kinde ward ein Monster,
so schau mich an.
 
O kummervolles Leben!
Sag mir was du siehst,
die Hülle ist nur geschunden,
die Seele tief berührt.
 
O kummervolles Leben!
Nicht länger will ich noch dir gehören,
warst mir zu oft kein treuer Freund,
ich spür wie du von mir weichst.
 
O sanfter Tod!
In verheißungsvoller Stille,
legst du dein Band
um mich
 
O sanfter Tod!
Schon ewig umwirbst du mich,
schon lange buhl ich um deine Gunst,
so fühl ich das starke Band
O sanfter Tod!
Nimm mich,
leg´ deine Arme um mich,
halt mich fest
und entführ´ mich dem Licht
O sanfter Tod!
Ich spür´ das Zittern
deines Atems
Still! ´s íst mein Körper
fürchtet sich vor der Kälte deines Kusses
O sanfter Tod!
So küss mich warm
ich hab so Angst zu geh´n
Will nicht mehr länger hier steh´n
O sanfter Tod!
Nimm mich fort,
küss mich still,
leg mir dein Geschmeide an
werd´ mein Geist,
nimm meine Seel´.
O sanfter Tod!
Das Leben schwindet,
mein Herz so still empfindet.
Das Licht erlischt,
das Leben weicht.
O sanfter Tod!
Meine letzte Beicht.
O sanfter Tod!
Ich schwinde.
O sanfter Tod!
Hol mir das Licht zurück!
Will hoffen,
Stärke schöpfen
gehör mir ganz allein!
O sanfter Tod, mein sanfter!
 

Erkenntnis eines Bekloppten(1)

Manchmal versetzen einen die Menschen in die eigene Vergangenheit und man begreift aus der Gegenwart heraus, was eigentlich geschehen ist. Nach der Liebe zu lechzen ist wie im Treibsand zu stecken. Umso angestrengter man danach fasst, desto schneller versinkt man in einem Geflecht aus Hoffnungen, Träumen und Täuschungen und dann ist die Enttäuschung doppelt so groß, wie die Täuschung selbst.

Selbstbestimmt?


Vor ein paar Tagen, stellte man mir scheinbar beiläufig die Frage, ob ich eigentlich selbstbestimmt sei. Ich antwortete erst einmal mit einem "ja", doch im Nachhinein stellte ich mir die Frage noch einmal selbst und kam zu dem Schluss, dass ich nicht wirklich selbstbestimmt bin.
Ich handele doch täglich nach Mustern, Regeln und Wünschen anderer Leute. Selbst wenn ich mir einen eigenen Wunsch erfülle, ist dieser Wunsch doch Produkt von Fremdbestimmung. Manchmal verstehe ich das ganze Leben nicht mehr und noch weniger mich selbst. Für all meine Probleme und Komplexe hat man nur eine Antwort. Du musst dir selbst helfen - du musst zu dir selbst finden!
Wie macht man das? Soll ich in einen buddhistischen Schrein gehen und meditieren oder reicht es, wenn ich mich vor dem Einschlafen selbst refelktiere? Wann hat man sich denn selbst gefunden?
Vielleicht sollte ich die Hilfe eines Psychologen in Anspruch nehmen, die wissen doch viel besser, wie sie den Problemen auf den Grund gehen können. Doch selbst da scheitere ich schon. "Füllen sie diesen Fragebogen bitte ehrlich aus!" - aber wie soll ich denn ehrlich sein?
Ich habe manchmal das Gefühl, dass alles was ich sage oder auch nur denke gar nicht Produkt meines Selbst ist. Ich fühle mich wie ein Schwamm, der alles um sich herum aufsaugt, verarbeitet, kompatibel macht und dann wiederspiegelt - wie kann ich dann ehrlich sein?
Ich weiß nicht, was ich ankreuzen soll, ohne ein verkehrtes Bild von mir entstehen zu lassen. Höre ich Musik gerne, weil mir jemand gesagt hat, dass sie gut ist oder höre ich sie, weil ich sie selbst gut finde?
Natürlich weil ich sie selbst gut finde. Wer würde sich die Blöße geben und zugeben, dass er die Musik hört, weil der Freund oder die Freundin sie hören?!
Ich bin verwirrt.
Wann beginnt und endet Selbstbestimmung?
Das Leben mancher Menschen sieht so einfach aus. Immer glücklich, immer gut drauf und scheinbar selbstbestimmt. Wieso? Denken die einfach nicht drüber nach oder bin ich nur gestört in meinem Denken?

Herr Paul und seine Leiden (1)


HERR PAUL UND SEINE LEIDEN
. .
DESSUS DESSOUS
oder
Dann kam Friederich
.
Eine kurze, groteske Geschichte
von
Oliver Siegl
(2009)
V O R S P I E L
EINS oder der, der in der Wand wohnt
Hartmut war einer von jenen Menschen, die die Natur und ihre Bewohner schätzten und liebten. Er hatte schon immer eine tiefere Bindung zu Bäumen als zu den Kindern in seiner Klasse und so wunderte sich niemand, dass Hartmut manchmal stundenlang im Wald war und mit den Bäumen sprach. Besonders mit einem Baum redete er viel. Er nannte sie Sieglinde. Sie war eine Dame, das hatte er von Anfang an gewusst, denn er hatte die Gabe, die männlichen von den weiblichen Bäumen zu unterscheiden. Er wusste, dass war etwas besonderes. Er konnte die Schmerzen der Natur förmlich spüren und so zuckte er jedes Mal zusammen, wenn irgendwo ein Tier starb oder ein Baum gefällt wurde. Immer wenn das geschah, lief Hartmut zu seiner Sieglinde. Sie war ein großer, alter Baum, dem es an Verstand nicht fehlte. Eines Tages, als seine Eltern mal wieder beschäftigt waren, ging Hartmut in den Wald und wollte seine Liebste besuchen, doch als er ankam, war sie fort. Nur noch ein großes Loch an ihrer Stelle. Hartmut war zu Tode betrübt und erlitt einen schweren Schock. Sieben Tage und sieben Nächte lag Hartmut dort bis ihn seine Eltern fanden. Er vermutete, dass sein Vater den Baum abgeholzt hatte, um ihn für den Bau des Hauses zu benutzen. Zu Hause angekommen, kroch er zwischen die Holzwände und streichelte das Holz, von dem er dachte es sei seine Sieglinde. Irgendwann schlief er ein und träumte von vielen Bäumen, die fröhlich auf einer Wiese herumtollten. Seine Eltern merkten es nicht, dass ihr Ältester zwischen den Wänden schlief und schlossen das Loch.
Hartmut sollte für sehr lange Zeit nicht wieder gesehen werden. Seine Eltern suchten noch lange nach ihm. Sie durchforsteten die ganze Gegend, doch sie sollten ihn nicht finden.
Eines Tages verschwanden auch sie auf mysteriöse Weise.

Ein Gedicht aus vergangen Zeiten


Weshalb?
Zu fragen wieso
Zu fragen warum
Was gäb´ ich drum
Wieso?
Warum?
Ich weiß es nicht.
Die Antwort die bleibt, entzweit.
Die einen werdens sehen
Die anderen nicht.
Sehe ichs?
Sag dus mir!
Du siehst. Ich sehe nicht. Sehen sie, die anderen?
Du weißt es nicht?
Du bist ein komischer Kauz.
Verlangst von mir Antwort und weißt doch selbst kaum was zu sagen.
Stellst die Fragen und willst die Antworten nicht.
Gibst die Antworten und verlangst die Frage.
Wieso?
Warum?
Ich sehe es. Fühlst du? Hörst du? Siehst du?
Zu hören vermag selbst ich es nicht. Sehen kann ich´s nur auf den Monitoren.
Sieht schon seltsam aus. So unschuldig und kringelig.
Kaum zu glauben wie groß doch seine Wirkung ist.
So manifestierend, kriechend und ängstigend.
Das Lebenslicht vermag ich noch nicht zu seh´n.
Drum was soll´s.
Wer weiß schon was es ist? Ob es dauert.
Ich werd´s vergessen, wie all die anderen Dinge.
Ja, ich sehe es. Nein, ich fühle es nicht. Nein, ich höre es nicht.
Wieso? Weil ich nicht allein sein will.
Warum? Das vermag keiner zu sagen.
Es riecht nach Leben.

For a lost beloved

Death in the night brightens his face,
Soul, is down
Dragging through dirt,
Leaving bloody trail,
Toping tears that had been freezing,
For so many unanswered says,
Empty ribs
His chest tightens
Breaking them whole
In so many pieces
Hurting him more
Kneeling…
Do you think of me?
Struggle to him.
Whispers: I search for you, please hear my cry.

Suizidalgedanke (1)

Bevor er sich in seinem stillen Kämmerlein suizidierte, beschloss er an einem Montag zu sterben, da ertönte in einem Radio das Lied: "Every day is like Monday".

Franz Kafka - „Die Verwandlung“ (2)

Interpretations- und Diskussionsansätze
Eine Problematisierung
Interpretationen zu schreiben ist oft recht schwierig, denn man muss sich nicht nur auf den Autor, sondern auch auf das Werk einlassen. Den richtigen Ansatz zu finden ist sehr schwer, wobei es ein richtig oder falsch bei Interpretationen nicht gibt, solange die Vermutungen ausreichend begründet und textimmanent nachgewiesen werden können. So unterschiedlich wie die Menschen sind, so vielfältig werden auch ihre Interpretationen ausfallen, was die Sache an sich viel interessanter macht. Man kann aber auch gewisse Ansätze bieten, um den Eingang zu erleichtern. Im Falle der „Verwandlung“ lassen sich aber recht schnell einige Punkte finden.
Vier Interpretationsansätze möchte ich aufzeigen und in Ansätzen darstellen, um so eine Problematisierung vornehmen zu können. Ein erster ist die Auseinandersetzung mit der Verfremdung menschlicher Existenz in der kommunikationsarmen und funktionalisierten Gesellschaft der Moderne. Was bedeutet das? Die moderne Gesellschaft ist eine schnelle Gesellschaft, die darauf eingestellt ist, praktisch und möglichst aufwandslos zu agieren. Dieser Trend wird unterstützt durch zahlreiche Erfindungen, die die Kommunikation zwischen den Menschen stark einschränken. Doch dieses Phänomen betrifft nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Privathaushalte. Im Falle Gregors wird extrem wenig miteinander gesprochen. Dadurch entstehen Probleme, die, wenn sie nicht besprochen werden, zu einem gewaltigen Konfliktpotenzial avancieren. Wenn kommuniziert wird, kommt es öfter zu Missverständnissen und unbegründeten Konfliktsituationen. Der Leidtragende wird immer weniger erzählen und so den Verfremdungsprozess beschleunigen. Und umso fremder man sich wird, desto weniger redet man miteinander. Nur noch das Nötigste wird besprochen. Ein zweiter Ansatz wäre die Deutung der Verwandlung als ein fehlgeschlagener Versuch Gregors, sich von seinen Eltern zu emanzipieren. Dabei handelt es sich einfach nur um den Loslösungsprozess eines, stark von seinem Elternhaus abhängigen, Jungen, der missglückt. Inwiefern dieser missglückt, bleibt unbeantwortet. Der Tod Gregors kann durchaus als eine Lösung vom Elternhaus gesehen werden, die einzige. Man kann sich nicht von seinem Zu Hause los sagen, denn es begegnet einem überall. Die Krise eines Menschen in der Beziehung zur menschlichen Gesellschaft, die in innerer und äußerer Isolation, Kommunikationslosigkeit und psychischer Selbstzerstörung endet, ist der dritte Ansatz, den ich hier bieten möchte. Dieser schließt sich direkt an den Erstgenannten an, denn hier ist es nicht nur die Familie, die betroffen ist, sondern die Gesellschaft. Sie besitzt die Macht, Einzelne völlig zu verdrängen, sei es durch Andersartigkeit, wie bei Gregor, oder durch falsches Verhalten. Dadurch, dass Gregor ausgegrenzt wird, hat er keine Chance mehr, sich zu integrieren. Er wird durch seine erzwungene Isolation zur Kommunikationslosigkeit verdammt, was wiederum zur Folge hat, dass er sich selbst nicht mehr wahrnehmen kann. Der Mensch ist auf soziale Kontakte angewiesen. Ohne sie leidet nicht nur sein Geist, sondern auch sein Seelenheil und das führt letztlich in die psychische Selbstzerstörung. Gregor empfand sich am Ende selbst als eine Last und war bereit zu sterben. Allein diese Tatsache spricht für diese These. Wie sehr eine misslungene Identitätsfindung zur Selbstzerstörung führen kann, will ich in meinem vierten und letzten Ansatz erklären. Wann findet man seine Identität? Der Mensch ist ab einem bestimmten Punkt in seinem Leben dazu bereit, er selbst zu werden. Anfänglich müssen unsere Eltern uns dabei helfen JEMAND zu sein, doch mit jeder neuen, eigenen Errungenschaft wächst unser Selbstbewusstsein und unser Bewusstsein, jemand zu sein. Kommt es in der kritischen Phase, nämlich der Kindheit und Jugend, zu Krisen, in dieser Entwicklung, dieser Abnabelung, sind wir stark gefährdet, weil wir selbst nicht wissen, wer wir sind. Diese selbstzerstörerische Radikalität kann uns, nach der Bedeutungslosigkeit, auch in den Tod führen.
Die aufgezählten Interpretationsansätze werfen jedoch unzählige Fragen auf, die zugleich Stoff für eine Diskussion werden können. So stellt sich die Frage, was dazu führen kann, Menschen aus der Gesellschaft zu verstoßen. Wie weit darf der Mensch gehen, um nicht verstoßen zu werden und ist es moralisch überhaupt vertretbar, einen Menschen zu verstoßen? Warum sind die Menschen so undankbar und was ist der Grund für die unterkühlte Reaktion der Familie Gregors? Inwiefern spielt die Zeit der Handlung eine Rolle? Ist das Glück Gregors, welches vor seiner Verwandlung präsent war, wirklich Glück? Wenn ja, für wen? Was ist Glück? (für Gregor, seinen Vater, die Mutter und die Schwester). Nach der „Verwandlung“ wandten sich nach und nach die einzelnen Familienmitglieder von Gregor ab. Warum? Ist das generell so und wieso neigt der Mensch dazu, zu den Menschen zu halten, die zum einen stabil und zum anderen „normal“ sind? Wieso resigniert Gregor so schnell? Wann resigniert der Mensch insgesamt und was treibt ihn dazu? Muss die Gesellschaft nicht moralisch dazu verpflichtet sein, ihre Mitmenschen aufzufangen? Wäre nicht das sogar ein utilitaristischer Ansatz? Inwiefern ist dieser sinnvoll? Was kann einen Menschen, wie Gregor, zu solchem Selbsthass führen? Ist nicht auch immer das Umfeld am Unglück einer Person schuld?

Franz Kafka - „Die Verwandlung“ (1)

Ein Stück verkannte Wirklichkeit
Ein persönlicher Standpunkt
Die Verwandlung von Franz Kafka ist eine viel und heiß diskutierte Erzählung, die es schafft, die Leserschaft zu polarisieren. Entweder wird sie in hohen Tönen gelobt oder sie wird stark getadelt. Es scheint ziemlich pauschal, Kafka als einen literarischen Niemand darzustellen und so liegt die Vermutung nahe, dass es jenen Menschen nicht schwer fällt, so schnell zu urteilen. Wie kann man erwarten, dass jene Prager Literatur dem gleicht, was die Moderne hervorbringt? Moderne Literatur entsteht manchmal nur aus der finanziellen Notwendigkeit heraus. Diesen Sachverhalt kann man bei Kafka von vornherein ausschließen, denn er hatte niemals vor, seine Werke zu vermarkten. Deswegen ist der Unterhaltungswert der kafkaesken Literatur auch ein ganz anderer als jener, der in modernen Thrillern vorzufinden ist. Dieser Stil zeichnet sich durch seine Dunkelheit und das Unheimliche aus. Man kann nie sicher sein, was als nächstes kommt. Außerdem schildert er sehr surreale Dinge bis ins Abstrakte, was seine Werke so besonders macht. Das Ungewisse und die Verwirrung, die Kafka hervorruft, machen das Verstehen schwer. Es stellt sich oft die Frage, wie er es meint und wie man es erfassen soll. Doch auf der anderen Seite hat man das Gefühl, ihn doch irgendwie verstehen zu können. Es ist ein sehr eigenartiges Gefühl, eben ein kafkaeskes. Der Grundgestus ist meist ein traurig-ironischer, durchmischt mit etwas Melancholie und Tiefsinnigkeit. Es ist auch schwierig zu beschreiben, was ihn so faszinierend macht. Vielleicht eine gewisse Aktualität der Inhalte oder die starke Bildhaftigkeit. Für mich ist es die Stimmung und die Art wie Kafka seine handelnden Personen umschreibt und handeln lässt. Man hat das Gefühl dabei zu sein und alles empfinden zu können, was auch Gregor fühlt. Mir persönlich fällt es schwer, Autoren untereinander zu vergleichen, sie gegeneinander aufzuwiegen und zu bewerten. Jeder Autor hat seinen eigenen Wert und die Meinung der Leser ist stark subjektiv. Der Autor ist also immer davon abhängig, wie sehr sich seine Leser mit dem Werk identifizieren können. Jemand, der überhaupt nichts mit Melancholie anfangen kann, hat es doch etwas schwerer, Kafka so zu verstehen, wie jemand, der selbst schon einmal in tiefe Melancholie versunken ist. Man kann nicht unbedingt behaupten, dass Kafkas Werke pessimistisch sind, aber zumindest haben sie doch, im Falle der „Verwandlung“, einen negativen Ausgang. Inwiefern der Tod Gregors negativ ist, bleibt dahingestellt. Doch ich sehe es mit geteilter Meinung. Gregor hatte es von Anfang an nicht leicht, denn er musste seine Familie versorgen und bekam dafür nicht wirklich Dankbarkeit. Sein Ausschluss aus dem Familienleben war gemein und verheerend, hatte er doch eine zerstörerische Wirkung auf das Seelenheil Gregors. Sein Ausweg war, entweder die Rückverwandlung oder der Tod. Letztlich war der Tod für ihn der einzige Ausweg, um sich zu schützen. Das scheint zunächst paradox, bei der Annahme, dass er tot sei und keines Schutzes mehr bedürfe, doch hätte er sich zurückverwandelt, hätte er sich weiterhin für seine Familie „versklavt“. So ist es einerseits eine Erlösung und andererseits ein tragischer Moment. Sein Weg in den Tod ist steiniger, doch der Tod selbst ist sanft und so wird dem Leser der Schock des plötzlichen Todes erspart. Diese Tatsache allein finde ich bewundernswert und faszinierend. Dieses Schicksal ist, meiner Meinung nach, nichts Unwirkliches, denn es gibt viele Menschen auf der Welt, die lange vor ihrem Tod sterben. Die Seele ist das größte Mysterium und nur schwer zu erforschen, doch ist sie unweigerlich der Antrieb des Menschen. Liegt doch in ihr die Hoffnung und das Glück. Wird die Seele angegriffen, so leidet der Mensch. In der „Verwandlung“ ist es Gregor, der sich ständigen Angriffen auf sein Seelenheil ausgesetzt sieht. Stück für Stück zerfällt seine Seele und letztlich auch sein Körper. Ein Stück Wirklichkeit, wie es uns Tag für Tag umgibt. So ist doch auch Kafka viel authentischer, als es ihm so mancher unterstellt. Man sollte die Auswahl der Bücher, die man liest, nicht nur nach dem Unterhaltungswert gestalten, sondern auch nach dem weniger unterhaltenden Büchern. Wenn der Leser sich also selbst fordern will, so sollte er diese Lektüre nicht unberührt lassen zumal sie doch unterhaltend ist. 

Sonntag, 16. Oktober 2011

Gedanken zur Musik

Der Erste, sei ein Wort zur Musik, die mich schon so einige Male aus den unwirklichsten Situationen in meinem Kopf befreite:

Wer sagt, das die Musik ganz ohne Bilder lebe, der täuscht sich von Grunde auf, denn die Musik dringt tief in unser Inneres und ist sie erst einmal in unserer Seele angekommen, so bittet sie diese zum Tanze und tanzt mit ihr den schönsten und mitreißendsten Walzer, den unser Herz je gesehen hat. Mit jedem Schritt und jeder Note entspringen uns dann die wundersamsten Bilder, die das Auge nie zu blicken vermag. Und geben wir uns dieser Pracht erst einmal hin, so schwebt der Geist bald über der Hülle und ist vollkommen frei neues und altes erstehen zu lassen. Manchmal fliegen wir fort in andere Welten und manchmal bleiben wir und ersinnen uns selbst mit allen Höhen und Tiefen. Erinnern und Kapitulieren, doch manchmal schöpfen wir aus den traurigsten Noten die größte Kraft, die uns den Tag neu ersinnen lässt.